Dr. Lecter wrote:
Ich hab heute The Alamo geshen. Weiß gar ned, was du an dem Film auszusetzen hast, Rüdi. Ich fand der war recht gut, viel besser als ich erwartet habe. Gute Schlachtszenen, gute Schauspieler, interessante, wenn auch etwas zu pathetische Story.
Warte mal, ich habe da irgendwo noch meine Review, die ich demnächst mal online stelle. Ah ja, hier ist sie:
Man stelle sich folgende Szene in einem
Vietnamkriegsfilm vor: Amerikanische Soldaten haben
einige Vietcong-Kämpfer zusammengetrieben. Ein
Unteroffizier kommt auf den Kommandierenden zu und
fragt, wer erschossen werden soll, woraufhin der
Kommandant antwortet: "Exekutiert sie alle!". Der
Aufschrei bei US-Kinogängern und -Politikern wäre über
die ganze Welt hörbar. Doch auf genau dieser Art und
Weise porträtiert <i>The Alamo</i> die mexikanische
Armee um Santa Anna (Emilio Echevarria), die 1836 das
texanische Fort Alamo eroberte. Ein historisches
Ereignis, das sich in das Bewusstsein der Amerikaner
eingebrannt hat, wie ansonsten nur Pearl Harbor.
Dreizehn Tage lang hielt eine personell und technisch
unterlegene Bürgerarmee der Belagerung stand - eine
wahre Heldengeschichte und der perfekte Stoff für eine
Verfilmung. Bereits 1960 gab Oberpatriot John Wayne
Alamo-Verteidiger Davy Crockett, nun darf Billy Bob Thornton
die Trapper-Legende geben. Und der spielt sie immerhin
so perfekt, dass er - neben Dennis Quaid -
der Einzige aus dieser Chaos-Produktion ist, der sich
schadlos hält.<br>
Ursprünglich wollte Ron Howard Regie führen,
überwarf sich aber wegen des Budgets mit Disney. Als
Ersatz sprang John Lee Hancock (<i>Die Entscheidung -
Eine wahre Geschichte</i>) ein. Doch auch er geriet
mit den Mäuserichen aneinander, als diese ins Drehbuch
eingriffen, um eine familienfreundliche Version der
Geschichte zu bekommen. Resultat des Tauziehens ist
ein so langweiliger Film mit so vielen überflüssigen
Szenen, dass er selbst bei einer Lauflänge von 130
Minuten noch um eine Stunde zu lang wirkt. Dabei sind
besonders die Szenen, die sich um die Belagerung des
Forts drehen, an Belanglosigkeit kaum zu überbieten.
Dies liegt zum Einen daran, dass man mit Patrick
Wilson einen furchtbar untalentierten und blassen
Schauspieler für die Rolle des Fort-Kommandanten
William Barett Travis gefunden hat, zum anderen aber
auch daran, dass sich die Handlung immer im Kreis
dreht: Die Mexikaner trommeln zum Angriff und schießen
ein paar Kanonenkugeln ins Fort, Travis schickt einen
weiteren Bittbrief um Hilfe, und General Sam Houston
(Dennis Quaid) suhlt sich in Selbstmitleid, weil er
nicht genug Mann zur Verfügung hat um der Bitte
nachzukommen. Bizarrerweise wird der Film ausgerechnet mit
dem Fall des Forts besser. Houstons blutige Rache
an Santa Anna ist sicherlich das Highlight des Films,
kann ihn aber auch nicht retten - zumal sie dank
Disney vierzig Minuten kürzer als ursprünglich geplant
ausfällt. Aber das passt irgendwie dazu wie der ganze
Film aufgebaut ist. Alles wirkt, als würde man
hektisch versuchen alle Highlights anzusteuern, die
sich um die Alamo-Legende gesponnen haben. Nimmt man
dann noch den unmöglichen Soundtrack hinzu, der besser
zu einem Film wie <i>Der Pferdeflüsterer</i> gepasst
hätte, und die Katastrophe ist perfekt. Kein Wunder
also, dass <i>The Alamo</i> bei uns nicht einmal in
die Kinos kam - und selbst auf DVD ist er sein Geld
nicht wert. So bekommt der alte Schlachtruf "Remember
the Alamo" von nun an eine zweite Bedeutung:
Studiobosse sollten sich nicht in den kreativen
Prozess des Filmemachens einmischen.